Die US Statistiker erstaunen auch den vorbereiteten Empfänger ihrer Publikationen immer wieder aufs Neue. Während wir uns im Immobiliensektor schon an vieles gewöhnt haben, erstaunen uns vor allem die Aussagen zur schon bald wieder vor der Tür stehenden Profitabilität angeschlagener Baufirmen und die zauberhaften Produktivitätssteigerungen in diesem  Sektor. Wo sonst als in den Vereinigten Staaten bekommt man sinkende Verkaufspreise, Neueinstellungen von Personal, eine sinkende Zahl verkaufter Einheiten und eine steigende Produktivität unter einen Hut? Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wir neigen in Ehrfurcht unser Haupt.

Unterdessen schert sich die Realität wenig um die Pressemeldungen, die von Firmen wie Lennar Corp. oder Beazer veröffentlicht werden. Ein Blick auf die Bauinvestitionen zeigt den erwarteten Verlauf.

 

Einen sonderlich großen Anreiz, die Bauinvestitionen hochzufahren, gibt es leider auf absehbare Zeit nicht. Die Immobilienpreise fallen ja nicht deshalb, weil es zu wenige Häuser gibt. Selbst auf dem von der Spitze aus betrachtet bereits deutlich ermäßigten Preisniveau sind die Wohnhäuser im Verhältnis zum Vermögen und zum Einkommen der Menschen historisch nach wie vor alles andere als günstig. Einen großen Teil des Überangebots haben Banken bei Zwangsvollstreckungen selber erworben, um einen stärkeren Preisverfall zu verhindern (so genanntes „real estate owned“). Nun bringen leerstehende Immobilien weder Zinsen, noch werden Sie am Ende eines Zeitraums getilgt, so dass ein Zeitgewinn, wie das bei Zinspapieren der Fall ist, nicht viel bringt.

Im Gegenteil, die Häuser verursachen laufend Kosten und verlieren im aktuellen Umfeld weiter an Wert. Ein Aussitzen gestaltet sich unter diesen Umständen schwierig. Nun ist das alles nicht unbekannt, und ein am Kauf interessierter Kunde, der sich der Lage bewusst ist, wird das machen, was in dieser Situation angemessen ist. Er wird einen Preis nennen, der ihm attraktiv erscheint. Entweder er kommt zu seinen Bedingungen zum Zuge oder er wartet. Ihn kostet das Warten nichts. Da die Mehrheit potenzieller Hauskäufer sich noch mit den alten Krediten herumschlägt, deren Restwerte nicht selten über dem Wert der alten Immobilien liegen, hält sich die Zahl zahlungsfähiger und kaufwilliger Personen aber ohnehin in engen Grenzen.

Da die kreditfinanzierte Bauwut sich bereits Jahre vor dem Kollaps der Finanzierungen nicht mehr an der Nachfrage nach Häusern sondern am Angebot von hirnlos-Finanzierungen orientierte, schwappten die Fertigstellungen der letzten Jahre in einen Markt, der schon mehr als gesättigt war. Viele Bauprojekte sind vor der Fertigstellung abgebrochen worden, weil Anschlussfinanzierungen platzten. Die Aussicht auf einen profitablen Abschluss der Vorhaben, also die Basis für eine Fortsetzung, war nicht mehr vorhanden. Allein der Anteil der für einen Abbruch schon zu weit fortgeschrittenen Baumaßnahmen aber sorgt immer noch für ein zusätzlich auf den Markt drängendes Angebot.

Sehr gut zu erkennen ist dies am Mietmarkt. Trotz landesweit sinkender Mieten steigen die Leerstände selbst in sogenannten Toplagen munter weiter an. Mittlerweile schwingt sich der Anteil der leerstehenden Mietflächen stetig zu neuen Allzeithochs auf.

 

 

Die oben stehende Grafik verdeutlicht, wie diese Kennzahl sich auch in den ersten Jahren nach dem wirklichen Ursprung der Krise, dem Niedergang nach der Jahrtausendwende, nicht verbessern konnte. Es ist beeindruckend, in wie vielen verschiedenen Indikatoren sich der große Bruch des Systems im Jahr 2000 abzeichnet. So hat sich beispielsweise auch das Konsumentenvertrauen der US Amerikaner nie wieder vom Absturz von den Hochpunkten aus den Zeiten der Tech-Blase erholt. Das Verhältnis vom Goldpreis zu Aktienkursen legte ebenfalls zu dieser Zeit seine große bis heute anhaltende Wende aufs Parkett. Die gesamte Befeuerung des Immobilienmarktes, die unter der Ägide Greenspans ab 2002 für einen rein kreditfinanzierten Schub aus dem tiefen Loch der Aktienbaisse sorgte, hat fundamental nichts bewirkt. Allein die Schulden bleiben uns erhalten.

Reale Werte werden nicht durch Schulden kreiert, selbst wenn es manchmal den Anschein erweckt. Der hintergründige Satz des ehemaligen Fed-Chefs, jeder solle sich ein Haus leisten können, auch derjenige, der sich keines leisten könne, spricht für sich. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aus seiner Aussage, er könne einen Zusammenhang zwischen unangemessenen Zinsen und der aktuellen Misere nicht erkennen, spricht denn auch eher der Trieb, das eigene Denkmal nicht zu stürzen als Wahrhaftigkeit.

Die zahlreichen Schwierigkeiten des Staates und seiner Bundesstaaten reichen von der Finanzierung der wuchernden Staatsverschuldung über den eher planwirtschaftlichen Versuch, die Zinsen am langen Ende und damit die Hypothekenraten zu bändigen, bis hin zu einigen Billionen ungedeckter Verpflichtungen aus Pensionsansprüchen und Versprechungen zur medizinischen Versorgung. Vor diesem Hintergrund ist nicht nur Obamas Gesundheitsreform nichts anderes als ein fader Marketing Gag.

Die weiterhin wachsende Arbeitslosigkeit ist bedrückend, vor allem wenn der Betrachter die viel zu selten erwähnte massiv gestiegene der Zahl der Sozialhilfeempfänger in die Analyse einfließen lässt. Die bundesstaatlich organisierten Arbeitslosenversicherungen stehen, wie viele Bundesstaaten selbst, vor dem Bankrott. Ein anschauliches Beispiel liefert das System Kaliforniens.

 

 

Aktuell schüttet die kalifornische Unemployment Insurance geschätzte $100 Millionen pro Tag aus. Falls Sie also überlegen sollten, sich kalifornische Municipal Bonds zu kaufen, können Sie das vielleicht demnächst als Spende absetzen. Das dürfte auch nötig sein, denn ob Sie Ihr investiertes Geld wiedersehen, ist fraglich. Angesichts der Probleme zahlreicher Bundesstaaten kann die Initiative, Munis durch Subventionen für ausländische Investoren attraktiver zu machen, nicht überraschen. Leider haben die Amerikaner bereits verdrängt, dass die europäischen Banken sich auf Grund akuter Kreditvergiftung bereits auf der Bahre befinden. Sollten einige Institute nun noch in der Lage sein, auf diesen Blödsinn reinzufallen, wäre zumindest der „Orden wider den tierischen Ernst“ angemessen. Alternativ bietet sich natürlich der Friedensnobelpreis an, der sich ja als Universalauszeichnung wachsender Beliebtheit erfreut.

Da Menschen ohne Arbeit und ohne Einkommen nicht in der Lage sind, den amerikanischen Häusermarkt zu stützen sondern ganz andere Sorgen haben, ist mit wachsender Nachfrage nach Bestandsimmobilien und Neubauten auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Sinkende Mieten und steigende Leerstände senken zudem substantiell die Anfangsrenditen auf Immobilienportfolios. Wir sind gespannt, wie die Baufirmen mit dieser Situation umgehen. Geht es nach den amerikanischen Statistikern, so werden demnächst im Baugewerbe zahlreiche Arbeiter eingestellt, es werden weniger Häuser zu tieferen Preisen verkauft, und die Produktivitätskennzahlen fliegen gleichzeitig auf den Mond. So einfach kann das manchmal sein.

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